Glasmalerei nicht nur Kunstwerk, sondern auch Kultur- und Geschichtsdokument.
Die untrennbar mit der Architektur verbundene Monumentalkunst der Glasmalerei ist ein überwiegend von engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürgern gestiftetes und diskutiertes Kulturgut. Sie begegnet nicht nur in Kirchen, sondern beinahe in allen Lebensbereichen: vom Privathaus über Kindergarten, Schule, Krankenhaus und Altersheim bis hin zu repräsentativen kommunalen Gebäuden, etwa Rathäusern, und Bauten von Industrie und Handwerk. Sie erbaut, belehrt oder erfreut die Betrachter, schmückt, ja verzaubert Räume und verschönt das Leben.
Glasbilder entstehen nicht in der abgeschiedenen Ideenwelt eines autonomen, abgehobenen Künstlers, sondern sind stets ein Teamwork von Auftraggeber (ein Einzelner oder ein Gremium), Entwerfer, Architekt und Kunsthandwerker. Sie entwickeln sich aus der Diskussion vieler, beginnend mit dem Zweck und endend mit der Integration in die Architektur. Vor allem um das Bildthema wurde einst viel gerungen, ob im Ratssaal die ausgewählten Berufsgruppen repräsentativ bzw. die dargestellten Bürgertugenden für das Gemeinwohl aussagekräftig genug seien oder ob der theologische Inhalt den Vorstellungen der Kirchengemeinde und der bischöflichen Kunstkommission gleichermaßen entspreche. Es ging nicht um ein „Mitreden-Können", sondern um ein gemeinsames Kulturbemühen, frei von Mediendiktat und Bevormundung durch den Kunstmarkt.
Die Glasmalerei ist aber nicht nur selbst ein Zeugnis der Kunst- und Kulturgeschichte, sondern dokumentiert auch Geschichte, indem sie lokale wie überregionale Begebenheiten oder Persönlichkeiten vor Augen führt. Sie erschließt über ihr Bildprogramm der Nachwelt das Gedankengut der Ahnen, bietet ein historisches Zeitbild, schafft Kontinuität, Identität und Heimatbewusstsein.
Allerdings ist dieses leicht zerbrechliche Kultur- und Geschichtsdokument immer gefährdet. Viele kunstvolle Glasgemäldezyklen gingen im Zweiten Weltkrieg unwiederbringlich verloren. Aber auch heute ist diese Farbenpracht akut bedroht: durch Kommerz und Unverständnis. Daher gilt es einer breiten Öffentlichkeit wieder die Inhalte und Funktion von Glasmalerei sowie die Bereicherung durch sie im Alltag bewusst zu machen.